Kommentar von Franz Kaindl

Die Malerin Eleonore Hettl

Kommentar von Dr. Adolf Illichmann

 

Innerhalb der jüngeren niederösterreichischen Kunstszene nimmt die im Waldviertler Ort Buchbach lebende E. Hettl eine besondere Stellung ein. Sie folgt nicht wie viele ihrer Kolleginnen gerade „in" seienden Artikulationen, sondern findet mehr und mehr zu einer vehementen Malweise, wie sie im Spätwerk der Malerinnen Ernestine Rotter-Peters und Maria Ohmeyer zu beobachten ist. Wie beide im hohen Alter verstorbenen Künstlerinnen geht auch Hettl von der Natur aus, bleibt im Bereich der gegenständlichen Darstellung, behandelt aber das vorhandene Motiv völlig frei, um nicht zu sagen souverän das Detail vernachlässigend. Es geht ihr also nicht um topographische Elemente, schon gar nicht um naturalistische oder illusionistische, vielmehr scheinen ihre Blätter - und dies wird in den Tempera- und Acrylmalereien deutlicher als in den Aquarellen - aus einem Spontanerlebnis heraus zu entstehen, welches sich geradezu eruptiv konkretisiert. Eine solche Haltung erfordert logischerweise einen sich steigernden raschen Arbeitsvorgang, der sich bei weniger starken künstlerischen Kräften zum bloß Skizzenhaften verflüchtigen kann. Hettl hingegen setzt mit kraftvollen Pinselstrichen jene Motivteile in das Bild, welche diesem nicht allein formalen Zusammenhang geben, sondern ausdrucksstarke Anhaltspunkte für den Betrachter bieten.

Für eine Künstlerin, die so wie Hettl an ihre Malerei herangeht, werden analytische Kunsttheorien wenig bedeuten, es wird sich immer das Tun wichtiger darstellen als das Überlegen. Das gilt auch für die Farbigkeit. So gebraucht auch Hettl die Farbe als Ausdrucksmittel ihres malerischen Tuns und nicht als symbolträchtiges Gestaltungsmittel. Die „Farbe an sich" als malerisches und formales Anliegen ist nicht ihre Sache, sie ist eher Mittel zum Zweck und Träger der Impulsivität des malerischen Vorganges. Diese Impulsivität ist das zentrale Vorhaben, dem sie eigentlich alle anderen aufkommenden Überlegungen unterordnet, anders gesagt, Hettl fördert diese ihre ureigenste Fähigkeit sehr zielbewußt und auch erfolgreich. So arbeitet sie mit bewundernswerter Raschheit ebenso vor der Natur wie auch im Atelier, perfektioniert geradezu die Wildheit des Malvorganges.

Die malerische Grundhaltung kommt bei Hettl aus einer sich nur zögernd öffnenden Melancholie. Selbst die „sonnigen" Landschaften sind dunkel verschattet, kommt eine Farbe zum Glühen, so glüht sie aus einer gewissen Düsterheit. Das Grün nimmt beispielsweise - und das ist bei einer Landschafterin schon bemerkenswert - einen eher bescheidenen Stellenwert ein, meist sind es schwere Blautöne und gedeckte Gelb- oder Ockertöne, welche das Atmosphärische eines Bildes prägen. Findet sich in den Aquarellen noch das Papierweiß als Gestaltungsmittel, so ist es in den Tempera- und Acrylbildern fast nicht mehr anzutreffen. Kontinuierlich hat hier die Künstlerin immer mehr auf das Weiß verzichtet.

Ähnlich wie in ihren Landschaften geht Hettl auch vor, wenn sie sich mit der menschlichen Figur auseinandersetzt. Es spielt dabei wenig Rolle, ob sie nun malt oder zeichnet. Immer folgt sie dem Prinzip der „Zusammenschau". Das bedeutet beim Aktzeichnen nicht das Studium nach dem Modell, auch nicht die Beschäftigung mit einzelnen Körperzonen oder das Herausgreifen bestimmter funktionaler Abfolgen. Hettl sieht die menschliche Figur immer in der Gesamtheit einer spezifischen Körperhaltung und nicht als eine Möglichkeit des „graphischen" Tuns. Sie „zeichnet" also nicht einen Arm, den Bogen einer Hüfte, oder die gespannte Ballung eines Knies, sie wendet ihre Aufmerksamkeit der „ganzen" Figur zu und erfaßt diese in ihrer Gesamthaltung. Dabei kann der Strich oder Pinselzug scheinbar nur „beiläufig" gesetzt sein. Tatsache ist, daß aus dieser Beiläufigkeit die Treffsicherheit der Körperhaltung resultiert. Es „liegt" daher bei Hettl ein Akt, oder er „kauert" und „steht". Es setzt sich auch hier ihre rasche Beobachtungs- und Wiedergabe entscheidend durch.

Überblickt man einige Zeit ihrer künstlerischen Tätigkeit und vergleicht diese mit den jüngsten Ergebnissen, so fällt die Konsequenz ihrer Arbeit auf und auch die Fähigkeit, ihre subjektive Ausdrucksform zu entwickeln. Es wird hoch interessant sein, wohin sie der eingeschlagene Weg führen wird.

Prof. Franz Kaindl
 

Die Malerin Eleonore Hettl Kommentar von Dr. Adolf Illichmann